Indien und Südostasien bieten Ruhe vor dem Sturm

Indien und Südostasien bieten Ruhe vor dem Sturm

Charu Chanana

Chief Investment Strategist

Summary:  Während das Fragmentierungsspiel weitergeht und die Weltwirtschaft, nun ja, weniger global wird, scheinen Indien und bis zu einem gewissen Grad auch die südostasiatischen Volkswirtschaften in einer soliden Position zu sein, um von all den daraus resultierenden Turbulenzen zu profitieren.


Die wirtschaftliche, politische und finanzielle Umstrukturierung der Welt wird wahrscheinlich mehrere Schocks für die anfälligen Schwellen- und Entwicklungsländer mit sich bringen. Aber das Ziel der Autarkie, das im Mittelpunkt unseres Fragmentation Game steht, ist immer noch ein dehnbares Konzept, und wenn sich die grossen globalen Volkswirtschaften entflechten, wird es auch notwendig sein, sich neu zu vernetzen und neue Freunde zu finden. Indien bleibt für viele globale Volkswirtschaften ein wichtiger Partner, nicht nur im Handel, sondern auch in den Bereichen Sicherheit und Technologie, was in einer fragmentierten Welt langfristige Investitionsmöglichkeiten bietet. Auch eine Reihe südostasiatischer Volkswirtschaften wird von der Fragmentierung der Weltwirtschaft profitieren.

Indiens Ambitionen als verlässlicher Handelspartner

Die Rivalität zwischen den USA und China brachte erste deutliche Anzeichen für eine Verschiebung der Lieferketten im verarbeitenden Gewerbe mit sich, und die Covid-19-Pandemie sowie der Einmarsch Russlands in der Ukraine erhöhten den Bedarf an widerstandsfähigen Lieferungen weiter. Während der Schwerpunkt eindeutig auf der Abkehr von der übermässigen Abhängigkeit von China – der Fabrik der Welt – liegt, haben sich die globalen Volkswirtschaften schwer getan, einen zuverlässigen Handelspartner zu finden, der den Umfang und die Qualifikationen der chinesischen Arbeitskräfte bieten kann. Indien, Vietnam und Mexiko haben sich als Hauptnutzniesser der Umstellung der Lieferkette erwiesen. Zu den Rückenwindfaktoren für Indien gehören solide wirtschaftliche Fundamentaldaten, eine solide digitale Infrastruktur und eine günstige demografische Entwicklung. Indiens Zuwächse im verarbeitenden Gewerbe wurden jedoch durch seine protektionistische Haltung und ein schwaches Geschäftsklima gebremst.

Die Dynamik ändert sich nun schnell, da Indien hart daran arbeitet, sich als attraktives Produktions- und Exportzentrum für multinationale Unternehmen zu positionieren. Die Regierung Modi hat Unternehmen, die Indien zu ihrem Produktionsstandort machen wollen, finanzielle Anreize geboten. Die produktionsgebundene Förderung (Production Linked Incentive – PLI) war eine wichtige Triebkraft, um Investitionen in einigen der vorrangigen Sektoren wie Fahrzeuge und Automobilteile, Spezialstahl, moderne Batterien, Solarzellen, Mobiltelefone, Elektronikkomponenten, Arzneimittel und Lebensmittelverarbeitung anzuziehen.

Darüber hinaus hat Indien seine Haltung zu Freihandelsabkommen deutlich geändert und konzentriert sich nun auf den Abbau von Handelshemmnissen, die Abschaffung von Zöllen und den bevorzugten Zugang zu globalen Märkten. Bilaterale Abkommen scheinen Indiens Hauptaugenmerk zu sein. 2022 wurden Pakte mit Australien und den VAE geschlossen, und die laufenden Verhandlungen mit Partnern wie der EU, dem Golf-Kooperationsrat, Israel und dem Vereinigten Königreich sollen bis 2025 abgeschlossen werden. Diese Initiativen tragen zu einer positiven Veränderung des Images Indiens als globaler Handelspartner bei. Die Absicht von Apple, sein neuestes Modell iPhone 14 in Indien zu produzieren, war eine Siegesrunde.

Indien macht weiter Fortschritte, aber alte Probleme bleiben bestehen

Während diese Konzentration auf die Anziehung des verarbeitenden Gewerbes dazu geführt hat, dass Indiens Exporte im GJ 2022 (Jahr bis März 2022) auf ein Rekordhoch gestiegen sind, unternimmt Indien auch Anstrengungen, um erhebliche strukturelle Veränderungen im Produktkorb des Handels zu erreichen, indem es sich stärker in globale Wertschöpfungsketten integriert und auch die geografische Zusammensetzung seines Aussenhandels verändert, um seine Abhängigkeit von Importen aus China zu verringern und gleichzeitig seinen Marktzugang zu Australien, Japan und den USA zu erweitern.

Während alle grossen Volkswirtschaften Indien in der neuen Weltordnung an ihrer Seite haben wollen, könnten Indiens Probleme mit der Unternehmensführung, wie sie kürzlich auch durch die Adani-Krise deutlich wurden, weiterhin ein wichtiger Gegenwind sein. Unterdurchschnittliche Bürokratie und Infrastruktur sowie ein Mangel an qualifizierten Arbeitskräften und eine schlechte Produktionsqualität sind die Hauptrisikofaktoren. Indische Unternehmen sind auch aufgrund des geschützten Inlandsmarkts weniger wettbewerbsfähig, und das ist ein Hauptgrund dafür, dass Indien weiterhin hinter anderen Volkswirtschaften wie Vietnam, Bangladesch oder der Türkei zurückbleibt, wenn es darum geht, eine stärkere Präsenz in den globalen Produktionslieferketten zu erlangen. Ein grosser Inlandsmarkt bedeutet zwar, dass Indien ein grösseres Potenzial hat, einen bedeutenden Teil des Produktionskuchens zu erobern, aber es besteht noch ein grosser Nachholbedarf für Indien. Bitte beachten Sie, dass der starke Anstieg der Produktion des verarbeitenden Gewerbes in der Türkei in Prozent des BIP auf den steigenden Exportwert der Produktion in Landeswährung aufgrund einer erheblichen Abwertung der türkischen Lira zurückzuführen ist.

Abbildung 1: Wertschöpfung im verarbeitenden Gewerbe (% des BIP)

Turbulenzen im Bankensektor lassen indische IT-Startups erschauern

Angesichts der weltweiten Ansteckungsängste im Bankensektor bleibt Indien aufgrund der inländischen Einlagenbasis und der in INR-Anleihen denominierten Anlagen ein sicherer Hafen. Während wir zu Beginn des Jahres davor gewarnt haben, dass die Bewertungen Indiens überzogen erscheinen, hat sich das Risiko-Ertrags-Verhältnis nach einer deutlichen Korrektur am indischen Aktienmarkt im ersten Quartal verbessert. Inländisch ausgerichtete Sektoren sowie Qualitätsunternehmen mit stabilem Cashflow und starkem Wachstum in Sektoren wie Banken, Pharmazeutika und Versorgungsunternehmen sind weiterhin interessant.

Abbildung 2: Vergleich des KGV für den MSCI Asia Pacific und den MSCI India

Auch der indische Technologiesektor bleibt angesichts der globalen Digitalisierungsanforderungen günstig. Die zunehmende Fragmentierung kann auch eine weitere Abhängigkeit von indischen IT-Angeboten bedeuten. Eine Wende in der Fed-Politik, falls es aufgrund der finanziellen Risiken zu einer solchen kommen sollte, verheisst auch Gutes für die indischen Technologieaktien. Der Zusammenbruch der Silicon Valley Bank könnte indische Tech-Start-ups mit Einlagen in den USA jedoch nachhaltig verunsichern. Neue Finanzmittel von Risikokapitalgebern könnten begrenzt bleiben und die Innovation einschränken, bis die Finanzierungslinien wieder bestätigt werden.

Geringe Ansteckungsrisiken für den asiatischen Finanzsektor

Nach dem Zusammenbruch einiger regionaler US-Banken und der Übernahme der Credit Suisse durch die UBS mit einem beträchtlichen Abschlag und dem Wegfall der Inhaber von zusätzlichem Kernkapital sind die Turbulenzen im Bankensektor zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Berichts ein zentrales Thema. Auch nach dem Eingreifen der Behörden bleiben die Märkte hinsichtlich der Aussichten für den Bankensektor nervös, da die Finanzierungskosten für US-amerikanische, europäische und andere DM-Banken steigen könnten, was schliesslich zu einer Kreditklemme führen könnte.

Die Verringerung des Risikos in den Portfolios ist zwar ein zentrales Thema in diesem Szenario, aber es ist auch ratsam, noch einmal die Vorteile der Diversifizierung zu betonen. Asiatische Kredite, vor allem am vorderen Ende der Kurve, bleiben angesichts einer etwas geringeren Straffung der Politik in der Region im laufenden Zyklus weit weniger anfällig. Inzwischen sind die grössten asiatischen Finanzunternehmen meist in Staatsbesitz, vor allem in Indien und China, und sie haben auch nur ein begrenztes Engagement im Ausland, was die Ansteckungsrisiken in Grenzen hält. Darüber hinaus wird die Kreditvergabe in Asien weiterhin durch die besseren Wachstumsaussichten in China unterstützt, im Gegensatz zu den zunehmenden Rezessions- und Finanzrisiken in den USA.

Asiens Rückenwind bei der Wiedereröffnung hat noch Luft nach oben

Da in letzter Zeit die Sorgen um den Bankensektor in den Vordergrund gerückt sind, ist das Thema der Wiedereröffnung Chinas an den Märkten etwas in Vergessenheit geraten. Es ist jedoch anzumerken, dass sich der Konsum in China nach wie vor auf einem soliden Erholungspfad befindet, was den asiatischen Märkten im Allgemeinen Rückenwind verleiht. Auch die chinesische Politik bleibt wachstumsorientiert, und der jüngste Beweis dafür ist die Senkung des Mindestreservesatzes im März. Hinzu kommt, dass eine wahrscheinlich schnellere Wende in der Geldpolitik der US-Notenbank angesichts der finanziellen Risiken sowie die niedrigeren Ölpreise auch weiterhin eine unterstützende Haltung für asiatische Aktien bedeuten.

Einer der Hauptnutzniesser der Wiedereröffnung Chinas werden wahrscheinlich die Reise- und Tourismuswerte in Asien sein. Wir haben den Asien-Pazifik-Tourismus-Aktienkorb aufgelegt, um die Erwartungen einer Verbesserung des Ausreiseverkehrs aus China zu erfassen. Die Liste enthält überwiegend asiatische Aktien von Buchungsplattformen, Fluggesellschaften, Flughafendiensten, Hotels, Kasinos und Restaurants in Ländern, die im Laufe des Jahres wahrscheinlich den grössten Zustrom von Touristen aus China verzeichnen werden. In Südostasien sehen thailändische und indonesische Aktien ebenfalls vielversprechend aus.

Bei nordasiatischen Aktien in Korea und Taiwan sowie bei japanischen Banken dürfte das Risiko einer Ansteckung durch den US-Bankenstress grösser sein. Da koreanische und taiwanesische Aktien stärker exportorientiert sind, könnten sie auch stärkerem Gegenwind durch die nachlassende globale Nachfrage ausgesetzt sein. Unterdessen könnten die Kursgewinne des als sicherer Hafen geltenden japanischen Yen zusammen mit den langsameren globalen Wachstumsaussichten auch die Aussichten für japanische Aktien insgesamt belasten. Die Erwartungen an eine Änderung der Politik der Bank of Japan unter dem neuen Gouverneur Ueda werden jedoch entscheidend sein.

Abbildung 3: Asien-Pazifik-Tourismus: Aktienkorb

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